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Stand: 2.11.2022

 

Erfahrungen mit parasitenfreien Diskusfischen – ein Rückblick des Begründers

Der Artikel „Künstliche Aufzucht - eine Möglichkeit, Diskus von der ´Geißel der Flagellaten` zu befreien“ erschien im Jahre 1996 im DATZ Sonderheft  Diskus. Mit dieser Methode ist es möglich, Diskusfische nicht nur von Darmflagellaten, sondern von allen Parasiten zu befreien; ebenso ist dies möglich mit der von mir in DATZ, Heft 10/2002 vorgestellten Ammenzucht. Im Sonderheft Diskus beschrieb Dr. N. Menauer eine Methode, mit der Jungfische in den ersten Tagen nach dem Freischwimmen mit Hilfe von Metronidazol getränkten Artemianauplien von Darmflagellaten befreit werden können. Bei Fischen, die außer Darmflagellaten keine anderen Parasiten haben, führt auch diese Methode zu parasitenfreien Diskusfischen. Solche Fische brauchen nie mehr mit Antiparasitika behandelt zu werden; selbstverständlich sind auch deren Nachzuchten parasitenfrei. Eigene Erfahrungen mit parasitenfreien Diskusfischen reichen bis in das Jahr 1992 zurück; Zeit genug, um einen Rückblick auf das Konzept zu halten und um über wichtige Erfahrungen und Ergänzungen zu berichten.

Die Artikel über parasitenfreie Diskusfische erweckten in der Fachwelt großes Interesse. In einigen Zeitschriften, vor allem aber unter Züchtern, auf Fachmessen und im Internet wurde das Thema ausgiebig behandelt. Die Zugriffe auf Themen, bei denen es um parasitenfreie Diskusfische ging, waren mehrfach so hoch wie auf andere Themen. Während viele Aquarianer mit großer Begeisterung reagierten und Hoffnung schöpften, dass durch Parasiten verursachte Probleme nun endlich der Vergangenheit angehörten, gab es auch kritische und ungläubige Stimmen; vor allem in einigen Internetforen ging es hoch her. Nun muss man die im Internet teilweise sogar unter dem Deckmantel der Anonymität geäußerten Behauptungen sicher nicht immer ernst nehmen, die wichtigsten sollen aber hier doch erwähnt werden.

So wurde anfangs die Behauptung geäußert, dass es parasitenfreie Diskusfische gar nicht geben könne. Diese Behauptung ist am leichtesten zu widerlegen. Die Behandlung des Diskusgeleges mit einer Formalinlösung und das anschließende mehrfache gründliche Abspülen lässt ein Überleben von Parasiten und deren Entwicklungsstadien nicht zu. Zahlreiche eigene Untersuchungen und die von namhaften Fachtierärzten und Universitäten  konnten die Parasitenfreiheit in vielen Fällen bestätigen.

Eine weitere Behauptung bestand darin, dass parasitenfreie Diskusfische empfindlicher seien als „konventionelle“, also Diskus mit den unterschiedlichsten Parasiten. Als angeblicher Grund wurde die fehlende Auseinandersetzung des Immunsystems mit Parasiten genannt. Aus parasitologischer Sicht ist das falsch. Unter Parasitismus versteht man das Zusammenleben zweier verschiedener Arten von Lebewesen, wobei der Parasit den Nutzen und der Wirt den Schaden hat. Es macht zwar keinen Sinn, dass man Fische, die parasitenfrei sind, anschließend wieder mit Parasiten infiziert, aber es gibt einige Züchter, welche die Vorteile der parasitenfreien Aufzucht nutzen und ihre parasitenfreien Tiere an den Handel abgeben, wo sie natürlich sofort wieder mit den unterschiedlichsten Parasiten infiziert werden. In allen diesen Fällen konnte festgestellt werden, dass diese Diskusfische noch über längere Zeit wesentlich besser standen als „konventionelle“ Diskusfische. Es kann daraus geschlossen werden, dass der Konditionsvorsprung der parasitenfrei aufgezogenen Tiere der Grund hierfür ist.

Tiefe Einblicke konnte man auch in bestimmten Fachzeitschriften gewinnen. In einem Artikel war zu lesen, dass es keinen Sinn mache, parasitenfreie Diskusfische zu halten, weil die Diskusfische in der Natur ja auch Parasiten besäßen. Da jedoch in einem Aquarium völlig andere Lebensbedingungen herrschen als in der freien Natur, wirken sich Parasiten auf Grund des übermäßig hohen Infektionsdruckes im Aquarium oft katastrophal aus; ganze Bestände von Diskusfischen können an Kiemenwürmern, Darmwürmern oder auch an Parasiten wie Ichtyophthirius, Costia und Chilodonella innerhalb recht kurzer Zeit eingehen. Der gleiche Autor kritisiert dann im gleichen Artikel die Züchter parasitenfreier Diskusfische, indem er ihnen unterstellt, sie wollten damit ja nur schlechtere Hälterungsbedingungen kompensieren. Er scheint im Eifer des Gefechtes übersehen zu haben, dass er sich hierbei innerhalb weniger Zeilen selbst widerspricht. Schlechtere Hälterungsbedingungen könnte man natürlich nur mit gesünderen, in diesem Fall also parasitenfreien Fischen kompensieren. Gesündere Fische zu haben, macht sehr wohl einen Sinn, aus der Sicht des Halters und aus der Sicht des Fisches. Parasitenfreie Fische und optimale Hälterungsbedingungen schaffen ein Optimum an Wohlbefinden beim Fisch und damit auch beim Aquarianer.

Auch der Vorschlag, sich statt parasitenfreier Diskus besser Plastikfische ins Aquarium zu hängen, war in einer Zeitschrift zu lesen. Nun sind gerade problemlose Diskusfische auf keinen Fall langweilig, im Gegenteil, gerade sie zeigen ihre schönsten Farben und interessantesten Verhaltensweisen. Manche Halter scheinen aber weniger an den Fischen  selbst, als an anderen Dingen Interesse zu haben. In Diskuskreisen ist es leider eine weit verbreitete Unsitte, ständige „Doktorspielchen“ mit allen möglichen und unmöglichen Medikamenten zu betreiben. Auch der Vorschlag, sich eine Wochenendapotheke für angeblich plötzlich auftretende Krankheiten anzulegen, befriedigt solche und ähnliche Bedürfnisse, von der Rechtmäßigkeit einmal ganz abgesehen. Kein gewissenhafter Tierarzt wird ohne Diagnose hochwirksame Antibiotika und Antiparasitika verschreiben.

Nach den Äußerungen in einem Internetforum sollte es ein Nachteil sein, dass man nicht von jedem Züchter oder von jedem Geschäft Tiere kaufen könne, sondern nur noch von Züchtern parasitenfreier Tiere. Das, was man vordergründig als Nachteil ansehen könnte, ist aber in Wirklichkeit eher ein Vorteil, denn gerade diese „Sammelleidenschaft“ einiger Aquarianer bringt meistens mehr Probleme als Freude. Sieht man einmal von der „Diskusseuche“ ab, die dadurch schon oft eingeschleppt worden ist, kann das ständige Hinzukaufen neuer Tiere nicht nur unangenehme Überraschungen mit Parasiten oder mit für die Tiere neuen Bakterien geben, sondern es bedeutet für die hinzu gekauften Fische und für die „Stammbesetzung“ vermeidbaren Stress durch Rangordnungskämpfe, die gelegentlich dazu führen, dass die Neuzugänge oft lange Zeit brauchen, bis sie anfangen zu fressen. Es kommt sogar vor, dass sie durch diesen Stress dermaßen geschädigt werden, dass die vorhandenen  Parasiten sich rasant vermehren und die Fische daran sterben. Wesentlich sinnvoller ist es daher, seine Tiere auf einmal und nur vom gleichen Züchter oder nur aus einem Geschäft zu erwerben.

Der Vorschlag, parasitenfreie Fische als KDF- Fische (Kiemenwurm und Darmflagellatenfreie Fische) zu benennen war der Vorschlag eines Schreibers, dem vermutlich die Kenntnis fehlte, dass parasitenfreie Fische nicht nur frei von Kiemenwürmern und Darmflagellaten sind, sondern dass sie auch frei von allen anderen Parasiten, wie  z.B. auch von den in der Regel sehr gefährlichen Darmwürmern, Costia, Chilodonella, Ichtyophthirius und Oodinium sind. Möglicherweise hat er aber diesen verfälschenden Begriff bewusst gewählt, um die eigentliche Bedeutung der Parasitenfreiheit zu schmälern.

Bei Haustieren und Nutztieren ist es selbstverständlich, dass Parasiten bekämpft werden; Parasitenfreiheit gilt hier als erstrebenswertes Ziel, über das nicht diskutiert wird. Es stellt sich die Frage, warum das bei Diskusfischen anders sein soll und warum von einigen Seiten versucht wurde, mit solcher Vehemenz Stimmung gegen das Konzept zu machen. Bezeichnenderweise kam die Kritik nämlich nicht von Seiten derer, die parasitenfreie Diskusfische besaßen; diese waren zufrieden und freuten sich an ihren Tieren. Die „Kritiker“ hatten parasitenfreie Diskusfische bis dahin noch nicht einmal gesehen, geschweige denn besessen. Es kann also an den tatsächlichen Eigenschaften der parasitenfreien Diskusfische nicht liegen, sondern es müssen andere Gründe vorliegen. 

Wildfangdiskus sind in der Regel nicht parasitenfrei, obwohl vermutet werden kann, dass einige Tiere dies in der freien Wildbahn sein können. Dies ändert sich aber schnell, wenn sie nach dem Fang mit Tieren zusammenkommen, die Parasiten haben, dies dürfte schon direkt nach dem Fang der Fall sein, wenn nicht zu diesem Zeitpunkt, dann beim Exporteur oder spätestens beim Importeur, daran ändert auch die Praxis, Antibiotika und Antiparasitika in oft ungeheurer Menge einzusetzen nichts. Die meisten Parasiten werden auf diese Weise bestenfalls nur dezimiert. Gegen einige der verwendeten Mittel bestehen so große Resistenzen, dass ein Einsatz praktisch keine Wirkung mehr zeigt. Metronidazol wirkt selbst in über 50facher Menge nicht mehr gegen einige Flagellatenarten. Dies ist ein Grund, warum kein Händler oder Züchter parasitenfreie Wildfänge anbieten kann. Die Nachzuchten parasitenfrei aufzuziehen, erfordert einen erheblichen Mehraufwand, den wohl kaum jemand leisten kann oder will, wenn er dies gewinnbringend gegen die Konkurrenz durchsetzen wollte. 

Bedenkt man, welche Palette an nicht immer wirkungsvollen Mitteln gegen Parasiten überall angepriesen und ständig verkauft wird, zeigt sich eine andere Absicht. Nicht nur der Verkauf dieser Mittel bringt Gewinn; häufig sterben Diskusfische bei den unterschiedlichsten Behandlungsversuchen, es müssen neue Tiere her. In vielen Fällen, wo die Behandlung nicht so dramatisch verläuft, ist die Filterbiologie gestört oder es sterben Pflanzen ab. Aktivkohle, Wasseraufbereitungsmittel, Filterstartkulturen, neue Pflanzen, mit denen vielleicht unerwünschte Schnecken eingeschleppt wurden, die dann wieder mit Schneckenmitteln bekämpft werden, welche oft gefährliche Mengen an Kupfer enthalten, lösen die nächste Katastrophe aus und halten den Geldfluss in Gang, volkswirtschaftlich sicher ein Vorteil.

Fachzeitschriften über Diskusfische bringen in nicht unerheblichem Umfang Werbung für Fischheilmittel und Medikamente diverser Firmen; Artikel über Fischkrankheiten, Parasiten und deren Bekämpfung sind in fast jeder Ausgabe zu finden. Auch hier drängt sich der Eindruck auf, dass man von kranken Tieren und deren Parasiten durchaus profitieren kann.

Während die Kritik an parasitenfreien Diskusfischen fast ausnahmslos von denen verbreitet wurde, die über keinerlei praktische Erfahrungen mit diesen Tieren verfügten, waren die Berichte von Haltern und Züchtern parasitenfreier Diskusfische durchweg positiv. Nicht nur die Haltung und Zucht zeigte sich einfacher, auch konnten die Vorurteile über die angeblichen Defizite des Immunsystems zweifelsfrei widerlegt werden.

Die Befürchtung, dass Inzuchtprobleme auftreten könnten, da bei einer Umstellung auf parasitenfreie Diskusfische die Ausgangstiere nur von einigen wenigen Züchtern stammten, erscheint auf den ersten Blick einleuchtend. Sie ist aber weitgehend unbegründet, da mehrere unterschiedliche Möglichkeiten, Diskusfische parasitenfrei aufzuziehen, veröffentlicht wurden, so dass es jedem engagierten Züchter möglich ist, entweder allein oder mit Unterstützung jeden beliebigen Farbschlag, also auch Wildfangnachzuchten (z.B. mit der künstlichen Aufzucht) parasitenfrei aufzuziehen. Solche Tiere haben ein Erbgut, welches nahezu identisch mit denen der Wildfänge ist. Der Tausch von Zuchttieren, die aus parasitenfreien Anlagen stammen, bringt weniger Probleme. Die höhere Lebenserwartung und die wesentlich geringeren Ausfälle bei diesen Tieren ermöglichen es dem Züchter, mit mehreren Fischen aus verschiedenen Generationen zu züchten und so einen größeren Genpool zur Verfügung zu haben.

Problematisch kann allerdings die Vergesellschaftung mit anderen Fischarten werden. Während die Zahl der Züchter mit parasitenfreien Diskusfischen langsam aber stetig steigt, gibt es bisher nur sehr wenige Züchter, die sich bemühen, sogenannte Beifische parasitenfrei aufzuziehen. Dies ist von der Vorgehensweise aber relativ einfach bei allen Eier legenden Arten umzusetzen, wie z.B. Ancistrus, Corydoras, Ramirezi und Skalaren. Anders als bei der künstlichen Aufzucht von Diskusfischen gibt es hier keine Probleme mit Ersatzmitteln für das Hautsekret der Diskusfische. Die im Sonderheft beschriebene Methode der künstlichen Aufzucht hat sich hierbei sehr bewährt; kritisch kann dies aber bei den nicht Eier legenden Fischen und bei nützlichen Schnecken (z.B. Turmdeckelschnecken) oder auch bei Garnelen und bei Pflanzen sein; tatsächlich sind hier auch schon Infektionen mit unterschiedlichen Flagellaten nachgewiesen worden.

Wer hier einigermaßen sicher gehen will, seine Tiere nicht zu infizieren, sollte sich unbedingt die Mühe machen, einige Diskus mit Fehlern, wie z.B. Bauchrutscher, über mehrere Wochen oder besser Monate in einem Quarantänebecken zusammen mit den zu überprüfenden Tieren oder Pflanzen zu halten und nach dieser Zeit ein oder mehrere der Diskus gründlich zu untersuchen, vor allem auf Darmflagellaten.  Es hat sich in den vergangenen Jahren gezeigt, dass die „diskustypischen“ Flagellaten, wie z.B. Spironucleus, Trichomonas, Cryptobia, Bodomonas, und Protoopalina relativ schnell, u.U. schon nach 2-3 Wochen und dann auch schon in großer Dichte im Darm aller Diskusfische nachzuweisen sind. Es gibt aber auch Flagellatenarten, die nicht „diskustypisch“ zu sein scheinen. Hierbei kann die Sache völlig anders aussehen, so z.B. bei einer unbestimmten Art, die zu den Trypanosomen gehört. In Insiderkreisen wird er als der „Eingeißlige“ bezeichnet. Es handelt sich um einen Flagellaten, dessen Verbreitungsgeschwindigkeit zwar ähnlich der anderer Arten ist, der „Eingeißlige“ kommt aber vorzugsweise im Mitteldarm vor und dort in der Regel auch in sehr geringer Dichte. Dies scheint auch ein Grund dafür zu sein, dass er häufig bei Untersuchungen übersehen wurde, auch von tierärztlichen Hochschulen. Aufgrund vieler Erfahrungen kann vermutet werden, dass er von seiner Bedeutung eher als Kommensale denn als Parasit einzustufen ist, zumindest im derzeitigen Entwicklungsstand. Eine weitere Flagellatenart ähnelt auf den ersten Blick stark einer Trichomonade, was Größe und Form angeht, es fehlen aber die für die meisten Trichomonaden typische undulierende Membran und der „Achsenstab“. Diese Flagellaten bewegen ihre Geißeln zwar dauernd, bewegen sich aber nur relativ langsam von der Stelle.

Nachdem ich im Sommer 2001 von einem befreundeten Aquarianer mehrere Schmetterlingsbuntbarsche bekommen hatte, wurden diese über einige Wochen mit einigen fehlerhaften  Diskusfischen zusammengesetzt. Mehrere Untersuchungen zeigten immer ein negatives Ergebnis. Nachdem die Tiere ins bepflanzte Schaubecken gesetzt wurden, konnten einige Monate danach diese Flagellaten bei einer Routineuntersuchung festgestellt werden. Ähnlich wie bei dem „Eingeißligen“ zeigen auch die von diesem Flagellaten befallenen Tiere keinerlei negative Reaktion. Die Flagellaten kamen in den letzten 2-3cm des Enddarms vor, die Befallsdichte war so gering, dass oft lange gesucht werden musste, um überhaupt eines der Exemplare im Blickfeld des Mikroskopes zu haben. In einem erwachsenen Diskus waren höchstens 20-50 Exemplare zu finden. Das gleiche Bild zeigte sich auch noch nach etwa einem Jahr. Nach drei erfolglosen Behandlungsversuchen bei den Alttieren war die Anzahl der Flagellaten deutlich größer, in einigen Fällen konnten etwa 20-30 Exemplare in einem Blickfeld nachgewiesen werden. Auch bei dieser Befallsdichte zeigten die Tiere keine auffälligen Verhaltensweisen und unterschieden sich nicht von ihren flagellatenfreien Geschwistern in der Zuchtanlage. Dieser Flagellat schaffte es auch nicht, in einem Aquarium, an dem sich der Ablauf zum Filter ausschließlich an der Oberfläche befand, Tiere zu infizieren, die sich in der ersten Kammer des Filters befanden. Zu diesem Zweck wurde die erste Kammer eines 200 Liter fassenden Außenfilters beleuchtet. Die Jungtiere wurden durchschnittlich 2-3x pro Tag gefüttert. Bei Becken, wo sich der Ablauf zum Filter in der Nähe des Bodengrundes befand, konnte der Flagellat schon nach 3 Wochen in den Tieren nachgewiesen werden. Vermutlich ist durch die längere Verweildauer und/oder durch die Tatsache, dass bei dem Ablauf an der Oberfläche kompakte Kotstücke mit weitgehend vor Sauerstoff geschützten Flagellaten nicht direkt zu den Tieren gelangen konnten, der Grund für die ausgebliebene Infektion. Dieses Ergebnis darf aber auf keinen Fall verallgemeinert werden.

Bei Dr. Menauer führte ein mit einem „Nitratharz“ gefüllter Außenfilter, der zuvor an einem Becken betrieben wurde, in dem Diskusfische mit Trichomonaden schwammen, zu einer Infektion, obwohl der Filter vorher für etwa 6-8 Monate unbenutzt in einer Ecke stand. Hier hatten vermutlich ein anoxisches Milieu und das Vorhandensein einer ausreichenden Anzahl von Bakterien das Überleben dieser Art ermöglicht. Deswegen ist es falsch, wenn behauptet wird, dass ein Becken, in dem zuvor Diskusfische mit Darmflagellaten schwammen, nicht mehr infektiös sein soll, wenn es 2 Wochen ohne Fische war. Alle bisher bekannten Flagellaten sterben innerhalb von wenigen Minuten bei einer Temperaturerhöhung auf 50-52°C. Sicherer ist es, die Temperatur auf 52-55°C hochzufahren. In einigen Fällen überlebten Flagellaten auch bei diesen Temperaturen. Überprüfungen ergaben, dass hierbei zum Beispiel das heiße Wasser in den Überlaufrohren zum Filter nicht mehrmals für kurze Zeit angestaut wurde. Kältezonen in den Bakterienbelägen der Rohre haben hier offensichtlich ein Überleben der Flagellaten ermöglicht. Trotz einer guten Wasserbewegung während des Erhitzens sind manchmal am Boden des Aquariums oder in Eckbereichen von Außenfiltern Temperaturen, die mehrere Grade tiefer sind als im übrigen Bereich des Aquariums. In diesen Fällen hilft mehrmaliges gründliches Umrühren des Wassers; außerdem müssen auch Abdeckscheiben etc. vom heißen Wasser eingeschwemmt werden, damit nicht auch dort Flagellaten überleben können.

Der Begriff „diskustypische“ Flagellaten soll in diesem Zusammenhang nicht als streng wissenschaftliche Definition angesehen werden. Es hat sich aber gezeigt, dass z.B. Ancistrus, die mit Diskusfischen vergesellschaftet waren, als Überträger bestimmter Flagellaten in Frage kamen. Man kann bei solchen Tieren einige Flagellatenarten auch im Darm nachweisen, sie kommen aber in deutlich geringerer Anzahl vor als bei Diskusfischen. Werden solche Welse längere Zeit allein ohne Diskusfische gehalten, kann man bei einer Untersuchung oft keine dieser Flagellaten mehr finden. Das Darmmilieu scheint ein anderes zu sein als im Diskusdarm, so dass die Flagellaten ohne Behandlung aussterben. Aber auch hierauf sollte man sich nicht unbedingt verlassen, da hier nicht nur die Flagellatenart sondern auch andere Parameter eine wichtige Rolle spielen können. Der Begriff „diskustypisch“ bedeutet auch nicht gleichzeitig, dass diese Flagellaten unbedingt Darmerkrankungen und Probleme bei den Diskusfischen hervorrufen müssen. Die unterschiedlichen Darmflagellaten haben sicherlich auch unterschiedliche Virulenz, vor allem wenn ansonsten keine anderen Parasiten auftreten und alle anderen Hälterungsfaktoren optimal sind. Eine Bedeutung als krank machender Faktor können die Arten haben, die in übergroßer Zahl vorkommen und solche, die (zusätzlich) in die Darmwand und andere Organe wandern können. Arten, denen solche Eigenschaften fehlen, scheinen eher als Kommensalen zu fungieren, was nicht ausschließt, dass sie sich nicht im Laufe der Zeit oder als Folge erfolgloser Behandlungen zu Arten entwickeln, denen eine Bedeutung als Parasit zukommt.

Einige Züchter und Halter stellten sehr schnell nach den Veröffentlichungen auf das neue Konzept um. Als Gründe hierfür wurden die immer größer werdenden Probleme mit den Parasiten und deren Bekämpfungsmöglichkeiten angegeben. Nach der Umstellung zeigte sich, dass ein sehr großer Teil der Probleme beseitigt war. Besonders zufrieden waren die Aquarianer, die mehrere Misserfolge mit Diskusfischen erlebt hatten und die entweder ihr Hobby schon einmal aufgegeben hatten oder die, die noch einen letzten Versuch mit parasitenfreien Diskusfischen starten wollten. Nachdem ständige erfolglose und teure Behandlungsversuche und Verluste bei den Tieren ihnen die Freude verdorben hatten, traten mit den parasitenfreien Fischen praktisch kaum Probleme auf. Die Anzahl der Züchter parasitenfreier Diskusfische ist in den letzten Jahren ständig angestiegen, wie dies auch die Kleinanzeigen oder Homepages zeigen. Nicht immer kann man allerdings davon ausgehen, dass tatsächlich alle als parasitenfrei angebotenen Tiere dies auch sind; oft ist eine zu oberflächliche Untersuchung der Grund für den Irrtum.

Während viele Züchter konventioneller Diskus in ihren Aquarien häufig hohe Wassertemperaturen fahren z.B. um 30°C oder noch höher, damit ihre Tiere besser fressen oder Futterverweigerer durch „Wärmekuren“ wieder zum Fressen bewegt werden, ist dies bei parasitenfreien Diskusfischen nicht erforderlich; sie fressen auch bei durchschnittlichen Temperaturen um 28°C oder auch darunter noch sehr gut. Für Züchter mit größeren Anlagen ist dies eine nicht zu unterschätzende Energie- und Kostenersparnis. Darüber hinaus haben Fische, die bei höheren Temperaturen gehalten werden, eine kürzere Lebenserwartung. Allgemein fördern Schwankungen der Wassertemperatur die Vitalität der Fische. Parasitenfreie Fische fressen nicht nur besser, sie verwerten das Futter besser und wachsen schneller; auch das ist ein großer Vorteil für einen Züchter.

Wenn konventionell gehaltene Tiere erkranken, kann dies hauptsächlich an Parasiten, an Wasser/Filterung oder am Futter liegen. Obwohl nicht nur Parasiten die Ursache sein können, wird häufig auf Verdacht dagegen behandelt. Auch wenn gezielter vorgegangen und zuerst eine Diagnose gestellt wird, können bei der Behandlung Schäden bei den Tieren und Verluste auftreten; dies entfällt bei den parasitenfreien Tieren. Als Ursache für die Probleme kommen nur noch Wasserbeschaffenheit und/oder Futter (z.B. verdorbenes Frostfutter) in Frage. Dies ermöglicht ein schnelleres Finden der Ursache und verhindert zeit- und kostenaufwändige Untersuchungen und oft langwierige und nicht immer erfolgreiche Behandlungen mit den unterschiedlichsten Mitteln. Die Anwendung einiger dieser Mittel ist nicht nur oft erfolglos, sondern auch nicht konform mit der Gesetzeslage. Bedenkt man, dass durch die EU-Gesetze nicht nur viele Medikamente, sondern auch viele Mittel, wie z.B. sogar auch einige Vitaminpräparate, nicht mehr hergestellt und angewendet werden, kann man erahnen, welche Probleme da noch auf einige Züchter in Zukunft zukommen.  Seit Inkrafttreten  der Schuldrechtsreform gilt mittlerweile die Beweislastumkehr laut § 476 BGB auch für den Kauf von Tieren für einen Zeitraum von 6 Monaten (Az.VIII ZR 110/06. s DATZ 12/2007 S.81). Händler und Züchter, die eine parasitenfreie Diskusanlage besitzen, haben keine Schwierigkeiten nachzuweisen, dass Todesfälle oder Erkrankungen verkaufter Diskus nicht von ihren Tieren ausgehen können.

Parasitenfreiheit ist mit Sicherheit ein erstrebenswerter Zustand und ein bedeutender Faktor für eine verantwortliche Zierfischhaltung; dies gilt nicht nur für Diskusfische, sondern allgemein für alle Zierfische. Die bisher bewiesenen gesundheitlichen, aber auf Dauer auch finanziellen Vorteile sowie rechtliche Probleme bei der Praxis von Medikamentenanwendungen und Probleme beim Verkauf von mit Parasiten befallenen Tieren werden die Verbreitung dieses Konzeptes sicher weiter beschleunigen. Man sollte aber auch Verständnis für diejenigen aufbringen, die aus unterschiedlichen Gründen gelegentlich noch versuchen, Stimmung dagegen zu machen und die (noch) nicht bereit oder in der Lage sind parasitenfreie Tiere anzubieten. Die Umsetzung erfordert neben fundiertem Wissen bei der Umstellung auch einen erhöhten persönlichen Einsatz. Gelegentlich führen aber auch vermeidbare Fehler zu einem Misserfolg oder nur zu einem Teilerfolg; in diesem  Fall kann man aber mit guten Recht behaupten, dass ein „bisschen schwanger“ doch ein Vorteil sein kann. Auch wenn Tiere, die zwar eine, womöglich eher harmlose Darmflagellatenart besitzen, nicht unbedingt als „parasitenfrei“ bezeichnet werden können, geht es diesen Tieren mit Sicherheit besser, als wenn sie nicht nur diese, sondern auch andere virulente Darmflagellaten und zusätzlich noch Kiemenwürmer und Darmwürmer beherbergen. Jeder Schritt in Richtung Parasitenfreiheit ist deswegen als Schritt in die richtige Richtung anzusehen.

 

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